Tag 13: Emotionen in Tiflis

Nach einer hervorragend entspannenden Nacht, einer wirklich heissen Dusche und einem leckeren Frühstück mit warmen Blätterteigtaschen mit einer Bohnenfüllung brachen wir mit 2 Wagen in die Innenstadt von Tblisi auf. Nicht umsonst als Paris des Ostens bezeichnet, erinnern nicht nur die Boulevards, die erfinderische Fahrweise der Georgier und auch die gut gekleideten, freundlichen und offenen Menschen an die französische Metropole. Übereinstimmend fanden wir alle Tblisi eine einfach tolle Stadt, die sicher in 2 bis 3 Jahren, wenn die umfangreichen laufenden Baumassnahmen abgeschlossen sind, ein tolles Reiseziel für einen Städtetrip sein wird.

Den Höhepunkt des Tages, ich persönlich möchte sogar sagen der gesamten bisherigen Reise, war aber der Besuch in der Blindenschule. Untergebracht in einem Gebäude aus 1886, das bislang wegen fehlender Finanzen nur teilweise renoviert werden konnte, werden hier 48 blinde und sehbehinderte Kinder aus ganz Georgien von sehr engagierten Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. Der Empfang durch die Schulleiterin Khatuna Jalaghonia und all ihre Mitarbeiter war überaus herzlich, vor allem aber die Kinder waren freudig gespannt auf die Berichte von unserer Rallye. Nachdem wir fast wie bei einer Pressekonferenz im grossen Saal der Schule Platz genommen hatten und alle anwesend waren, und ich eines meiner beiden mir bekannten georgischen Worte (Guten Tag) angebracht hatte, und den anschliessenden Applaus mit „didi madloba“ (Danke) quittieren konnte, war das Eis auch gegenüber der Schülerschaft gebrochen. Ich habe über unsere bisherige Reise berichtet, auch Fragen der interessierten Schüler beantwortet, und dann haben wir gemeinsam die Schule besucht. Die Ausstattung ist recht unterschiedlich. So hat die Schule bislang wohl nur eine einzige Braille-Schreibmaschine, andererseits sind die Kinder der ersten Klasse alle mit einem persönlichen Laptop mit spezieller Lernsoftware für das georgische Alphabet bestückt.

Aber alle Beteiligten sind hochmotoviert und engagiert und machen aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste. Die musikalische Vorführung in der kleinen Aula der Schule war so bewegend, dass wohl nicht nur ich mir eine Träne verschämt aus dem Augenwinkel gewischt habe.

Nach einem Interview für das georgische Fernsehen sind wir dann gemeinsam zu unseren Wagen gegangen und haben die reichhaltigen Mitbringsel von der Blindenstudienanstalt in Marburg (Blista) übergeben. Auch wenn wir quasi nur die Transporteure waren, der Dank für die speziellen Bälle für Blinde (mit eingebautem Glöckchen), die weissen Stöcke, die Matritzen für die Braille Maschinen, vor allem aber die 5 Braille Schreibmaschinen war einfach überwältigend.

Auch die Leselupen aus Marburg und Donzdorf (Dank an Frau Mascialino) werden für die Schule sicher ein wichtige Hilfe sein. Die Kinder haben sich riesig darüber gefreut, auch mal in die Rallye Autos klettern zu dürfen, und haben so eifrig die Hupen betätigt, dass man Mühe hatte, sich noch zu unterhalten. 

Wie viel Gutes könnte man hier mit einfachen Mitteln erreichen, in unseren Köpfen spuken in der Tat schon manche Ideen herum, wie wir diese Menschen auch weiter unterstützen könnten.

Zurück im Zentrum von Tblisi haben wir dann vergeblich die auf unserem Stadtplan eingezeichnete Seilbahn auf den hohen Aussichtsberg gesucht, um dann zu erfahren, dass diese wohl noch aus der Sowjet-Zeit stammende Konstruktion schon seit vielen Jahren ausser Betrieb ist.  Als auf ins Auto und das Labyrinth der Altstadt per Auto auf den Berg. Leider gab es dort kein erwartetes Cafe, so dass wir dann in unsere Unterkunft zurück sind.

Nach einer Taxifahrt haben wir den Abend dann typisch georgisch bei einem opulenten Mahl verbracht. Auf Einladung des Redakteurs der einzigen Zeitschrift für Blinde in Georgien und seiner Tochter Maria, die für uns übersetzt hat, konnten wir die sprichwörtliche georgische Gastfreundschaft am eigenen Leib erfahren. Der Tisch hat sich gebogen unter den aufgefahrenen Leckereien, Amiran Ghoghadze hat natürlich die Rolle des Tafelmeisters (Tameda) übernommen und mit Trinksprüchen dafür gesorgt, dass wir dem ausgesprochen leckeren georgischen Wein auch gebührend zugesprochen haben.

Den Abschluss des fantastischen Tages bildete dann noch ein  Besuch in einer netten Bar, wo wir draussen sitzend bis 1 Uhr noch zwei weitere Rotweinflachen ihrer bestimmungsgemässen Verwendung zugeführt haben.

Was ein Tag, Gaudmarschoss Tblisi, Gaudmarschaoss Sakartwelo.